Molekularzytogenetische Diagnostik (FISH)
Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) ermöglicht den Nachweis bestimmter Chromosomenstörungen, die mit konventionellen zytogenetischen Methoden nicht oder nur schwer identifizierbar sind. Es handelt sich um eine relativ neue Technik, die auch als mole kulare Zytogenetik bezeichnet wird, weil der Einsatz von fluoreszenz-markierten DNA-Sonden gegen Gene oder Genregionen (molekular) kombiniert wird mit der mikroskopischen Visualisierung des Ergebnisses an Zellkernen oder Chromosomen (Zytogenetik).
Methoden
Das zu untersuchende genetische Material (Zellkerne oder Metaphase-Chromosomen) auf dem Objektträger wird zuerst denaturiert. Das bedeutet die Auftrennung der komplementären DNA-Doppelstränge in Einzelstränge durch die Einwirkung von Hitze in einer Formamidlösung. Dann wird die spezifische, fluoreszenzmarkierte DNA-Sonde hinzugegeben, die ebenfalls denaturiert vorliegt. Bei der Hybridisierung verbinden sich die Einzelstränge von Sonde und komplementärer Ziel-DNA wieder zum Doppelstrang. Dazu wird der Objektträger über Nacht bei 37°C inkubiert. Am nächsten Tag wird der Überschuss an nicht gebundener Sonde abgewaschen und unter dem Fluoreszenzmikroskop zeigt sich die gebundene Sonde durch leuchtende Signale.
Für bestimmte FISH-Untersuchungen sind Metaphase-Chromosomen notwendig, um einzelne Chromosomen sichtbar zu machen und die genaue Region zu identifizieren, an welche die Sonde bindet (Metaphase-FISH). Bei einigen Fragestellungen ist es dagegen ausreichend, die Anzahl von Chromosomen oder Probensignalen pro Zellkern zu kennen. Bei dieser Interphase-FISH werden die Signale in den Interphase-Zellkernen gezählt, in denen die Chromosomen entspiralisiert vorliegen und daher nicht einzeln sichtbar sind. Ein grosser Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die Untersuchung von Proben möglich ist, die keine oder wenig teilungsbereite Zellen enthalten. Das ist vor allem der Fall bei unkultiviertem Fruchtwasser, welches beim pränatalen Schnelltest verwendet wird, oder bei Paraffinschnitten für tumorzytogenetische Untersuchungen. Vorteilhaft ist auch die Schnelligkeit der Interphase-FISH, denn bereits 24 Std. nach Probeneingang kann ein Resultat vorliegen.
Metaphase-FISH mit einer Dual Color Probe (Chr. 5)
Anwendungsbereiche
Bestätigung von Befunden der Standard-Zytogenetik in unklaren Fällen, z. B. die Identifizierung des genetischen Ursprungs von Markerchromosomen und komplexen Translokationen. Hierfür werden oft Fluoreszenzsonden gegen die euchromatischen Sequenzen eines kompletten Chromosoms verwendet. Dieses sogenannte „Chromosomen-Painting“ kann jedes Chromosom spezifisch anfärben. Auch zur Abklärung chromosomaler Mosaike kann Interphase-FISH verwendet werden, weil hiermit schnell eine grosse Zahl von Zellkernen ausgewertet werden kann.
Nachweis von Aneuploidien: Hier wird FISH vor allem eingesetzt für den pränatalen Nachweis der häufigsten numerischen Chromosomenaberrationen im sogenannten „Schnelltest“.
Mikrodeletionssyndrome: FISH ist grundsätzlich sensitiver als die konventionelle Zytogenetik beim Nachweis von Mikrodeletionssyndromen. Das sind klinische Syndrome, die auf winzigen (< 3 kb) Deletionen beruhen, die meist nicht einmal mit High-Resolution-Bänderung sichtbar werden. FISH nutzt hierbei Sonden, die gegen DNA-Abschnitte in den deletierten Bereichen gerichtet sind. Ein fehlendes Fluoreszenzsignal ergibt hier also einen positiven Befund.
Mit FISH nachweisbare Mikrodeletions- und Deletionssyndrome::
* zu diesen Syndromen gibt es auch eine molekulargenetische Diagnostik
Tumordiagnostik: Dies ist ein stark expandierender Bereich der Interphase-FISH-Diagnostik. Bereits jetzt stehen sehr viele Sonden zur Verfügung, die für bestimmte Tumortypen charakteristische Chromosomenaberrationen nachweisen (s.‘Onkogenetik‚)